Regionales | Diridari
Alltagsgschichtn mit Sepp Pfenninger: egal, ob's ums Bezahlen, die Geldanlage oder andere Bankgeschäfte geht - der Pfenninger findet immer einen Weg, wie man Einfaches kompliziert gestalten kann. Aber es is no oiwei guad ganga, oder?
„Wahnsinn, grad ist sie noch im Blumenbeet rumgekrabbelt und hat Erde gegessen und jetzt will sie schon ausziehen.“
Ich sitze mit meiner Frau Vroni am Küchentisch nach einem langen Gespräch mit unserer Tochter Leni. Vroni schaut betrübt. Der Auszug von Leni ist schon länger Thema im Hause Pfenninger, allerdings fällt es meiner Frau besonders schwer, ihre Leni in die große, weite Welt hinauszulassen.
„Vielleicht ist sie noch nicht so weit, Sepp. Schau, was is, wenn’s ned klar kommt, so ganz alleine. Keiner der kocht, keiner der putzt, keiner der wäscht, ..“
„Naja, i glaub waschen tut sie jetzt eh immer selber, seitdem ich das Handy mitgewa...“
„Wahrscheinlich hast du Recht“, unterbricht sie mich mit entgeistertem Blick. Ich bin verwirrt. Ich hab recht? Des kommt net so oft vor.
„Wir müssen loslassen. Sie ihre eigenen Erfahrungen machen lassen. Dann ruf‘ du mal beim Huber von der Volksbank Raiffeisenbank an und mach an Termin aus wegen der Finanzierung von der Studentenwohnung.“
Des Geld bringt ja nix am Sparkonto
Jetzt, wo die Mieten so teuer geworden sind, lohnt sich des schon, eine kleine Wohnung zu kaufen. Des Geld bringt ja eh nix am Sparkonto. Auch, wenn die Leni da sicherlich nicht für immer drin wohnt – vermieten kann ma des ja dann immer noch. So a kloans Zubrot zur Rente is ja dann später auch net zu verachten.
Vroni legt mir das Telefon her und verschwindet in die Stubn.
Als ob ich die Nummer vom Huber auswendig weiß. Sie meint a immer, jeder is so a wandelndes Telefonbuch wie sie. Bin ja froh, dass ich meine eigene weiß – glaub ich zumindest …
Ich ziehe das Tablet aus der Schublade heraus, das die Kinder uns letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt haben. Der vierte Einsatz des Geräts innerhalb von fast einem Jahr. Immerhin. Ich wische einmal mit dem Ärmel die Staubschicht ab, setz‘ mir die Brille auf und lege los.
Ich weiß gar nicht, warum ich das Ding ned öfters hernehme. Irgendwie is es ja scho praktisch, denke ich mir nach ein paar Minuten und versumpfe in den Tiefen der Apps und Anwendungen, schieße ein paar Fotos vom schlafenden Kater, prüfe recht gewissenhaft auf unterschiedlichen Routen, wie lang‘s mit’m Radl zum Wirt dauern würde und erinnere mich schlussendlich an meinen eigentlichen Auftrag.
Online an Termin bei der Bank vereinbaren? Gar koa Problem!
Guad dann schau ma moi, „Huber Volksbank Raiffeisenbank in Rosenheim“ tippe ich in’s Suchfeld. Da is er ja. Zack, a paar Klicks und scho is a Termin ausgmacht für Freitag - des ging schnell. I kimm scho echt guad zurecht mit dem ganzen Online-Zeug. Sepp, 53, stolz wie Oskar.
Nachdem ich den Termin vereinbart habe, stoße ich auf „Laura“. Digitale Baufinanzierungsassistentin. Mit künstlicher Intelligenz, so so. Hmm … na, wenn i scho so online-narrisch werd, muss i des a fast ausprobieren. Mit dem Radl is ma doch a weng zu weit zum Wirt, hob i ja grad extra nachgschaut.
Ich klicke mich durch den Baufinanzierungsassistenten und find des alles echt praktisch. A Haushaltsrechner, a Übersicht zu de notwendigen Absicherungen, Fördermöglichkeiten… ned schlecht, diese Laura! Da geht ma net ganz so blank in den Banktermin.
Am Ende hab ich ein erstes Konzept, das mir direkt per E-Mail geschickt wird (sepp@schafkopfmaster.de) – da wird sich der Huaba freuen, dass ich scho so fleißig war! Subba Sach! Sepp, 53, stolz wie Oskar und Harry zusammen. Und die Vroni wird auch schauen, wie gut ich jetzt scho vorbereitet bin!
AM NÄCHSTEN TAG...
„Guad Moing, Spozal. Hast ma a an Kaffee runterglassn?“ sage ich verschlafen zur Vroni, als ich in die Küche komme.
„Morgen. Na.“, bäfft die Vroni zurück.
Eha. Ruhig bleiben, Sepp. Langsam vortasten, predige ich mir selbst in Gedanken.
„Scheena Pullover host do heid o, Spozal, is der neu?“
„Na der is uralt, den hob i extra zum Gartln - do is wurscht ob er dreckig werd.“
Ja Kruzifix, des hat ja gar net funktioniert. Aber was hat‘s denn jetzt? Ich hab‘ ausnahmsweise moi wirklich so gar koa schlechts Gewissen! Oder – Moment – welcher Monat is heit? Hochzeitstag? Geburtstag? Na, kann net sein!
„Also guad, wos hob i gmacht, Vroni? I war doch gestern garned beim Kartln! Und meine Socken hob i a weggeräumt!“
„Sog ma halt du, was du gmacht hast! Wer is die Laura?! Ha?!“
„Und mei Unterhosen hob i a weg – stopp, wos? Laura? Spinnst jetz? I kenn koa Laura?“
„Freilich kennst eine, sonst dads dir ja koane E-Mails schreiben, oder?!“ ruft Vroni mir mit hochrotem Kopf entgegen.
„E-Mails? Vronal, du weißt ganz genau, dass i koane E-Mails schreib! Du nimmst doch immer mein E-Mail her, weilst selber koan hast!“
„Ja genau, und als i heid früh mein täglichen Newsletter „Was koch ich heut‘ – die Landfrauenküche aus dem Chiemgau“ lesen wollt, seh‘ ich doch glatt a E-Mail von deiner Laura!“
„Es gibt koa ,mei Laura‘!“
„Aha. Soll ich amoi zitieren aus dera Email? ‘Es war schön, dich kennenzulernen.‘ ‚Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder‘ Mehr wollt ich scho gar nimma lesen, so übel is ma scho gwordn! Du elender Bazi, des hätt i ned von dir denkt!“
Ich muss lachen. Oh mei, jetzt hats mich aber kurz gscheit grissen.
„Vronal, jetzt versteh‘ ich die ganze Gschicht“, sage ich amüsiert.
„NENN MICH NED VRONAL!“. Meine Frau ist kurz vor der Explosion. Oh mei.
„Die Laura is von der Volksbank Raiffeisenbank!“
„Ach, a Bänkerin, so so!“
„NA, JETZ LASS MICH HALT MAL AUSREDEN! Die Laura is gar net echt, die ist virtuell! Künstliche Intelligenz, verstehst?“
Doch ganz praktisch, diese Laura!
Meine Frau schaut mich verständnislos an. Aber wenigstens nimmer ganz so wütend.
„Des is a Angebot von der Volksbank, da kann ma scho mal a Finanzierung durchrechnen. Ich wollt doch vorbereitet sei für unsern Banktermin beim Huaba. Damit die Leni auch a gscheite Wohnung kriegt.“
„Aso, für die Leni? Und für die Finanzierung?“
„Ja, freilich!“
Ich hole das Tablet und zoag ihr „meine“ Laura und des praktische Finanzierungskonzept. Vroni fällt mir erleichtert um den Hals, aber ihre Backerl glühen immer noch.
„Ach Sepp, i hab genau gewusst, dass des ned wahr sei konn. Kimm, i mach da a scheens Frühstück. Mit Rührei und Speck. Geh weiter, setz dich hin, i machs scho.“
„Laura“ murmel ich mir während ich mich auf die Eckbank setze und mich auf meine Rühreier freue, „du bist da Wahnsinn!“
„Wos?“
„Mausal, du bist da Wahnsinn, hab i gsagt!“